„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Sonntag, 28. Mai 2017

Empörungsorgie

Hat es das Finanzministerium zu interessieren, wo Steuergeld verbraten wird? Darf es nachfragen, wo im Bedarfsfall Einsparungspotenziale liegen können? So wie es aussieht, nicht in der Welt der Roten.
Und so kommt es zu einer Empörungsorgie, die beispielhaft in der „Kleinen Zeitung“ beschrieben wird:

Mindestsicherung statt Notstand – SPÖ empört über Hartz IV-Studie des Finanzministeriums“

Abseits von den Hintergründen, auf die ich noch kommen werde, ist es erst einmal interessant, dass die SPÖ empört ist über eine Studie. Also nicht eine Weisung, eine Handlung, nein, eine Studie. Da hat es ein Finanzminister wirklich gewagt, eine Studie in Auftrag zu geben, die untersuchen soll, welche Form des Umgangs mit Langzeitarbeitslosen wie viel Geld kostet. Als ob es jemanden zu interessieren hat, wie viel Kohle da verbraten wird! Denn immerhin kommt es erstens eh bloß vom blöden Steuervieh und zweitens wird es ja für was Soziales ausgegeben, und da spielt nun mal die Höhe des Betrages und die Art der Beschaffung im roten Universum gefälligst keine Rolle mehr.

Doch um was geht es konkret?
Das Finanzministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, welche Einsparungsmöglichkeiten in alternativen Modellen zum derzeitigen Sozialsystem liegen würden. Hört sich ja mal ganz so an, als würde es da den Obersten Säckelwart interessieren, ob alles so viel Kohle kosten muss wie es tut, was angesichts gähnend leerer Kassen und täglich exorbitant steigender Staatsschulden (= Verpfändung der Zukunft der kommenden Generationen) geradezu vernünftig wirkt.
Diese Studie wurde erstellt vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, einer, wie man hier lesen kann, zwischenstaatlichen Organisation in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen“, die sich wohl kaum im Verdacht befindet, eine Vorfeldorganisation der Schwarzen zu sein.
Und in dieser Studie wurde festgestellt, dass das österreichische Modell locker eine Milliarde Euro pro Jahr mehr kostet, als eine Lösung, die dem deutschen Modell folgen würde.

Jetzt könnte man als offizieller österreichischer Steuerzahler ja fast der Meinung sein, das eigentlich Empörende an dieser Studie ist die Tatsache, dass der Finanzminister sofort betont, eine Änderung des Systems wäre zu keiner Zeit ein Thema gewesen. Denn das bedeutet nichts anderes, als dass der Finanzminister sich absolut bewusst darüber ist, in welchem Umfang dort Steuergeld verbraten wird, es aber nicht einmal für nötig erachtet, diesen Missstand auch nur leise und am Rande zu erwähnen. Man will ja den Platz am Fressnapf von Sozens Gnaden nicht verlieren. Irgendwie taugen die Schwarzen wie es scheint generell nicht zu mehr als zum Steigbügelhalten. Ob sich das ändert, nur weil der Kurze jetzt die Brücke geentert hat, bleibt abzuwarten. Da er aber schon seit Jahren mehr als nur Leichtmatrose ist und mehr durch volltönende Sprüche als durch Arbeit aufgefallen ist, sind Zweifel angebracht. Da wird noch einiges zu beweisen sein, und zwar vor der Wahl.

Jedenfalls tobt jetzt die SPÖ, dass die Schwarzen das übliche unsoziale und neoliberal kalte und hinterfotzig die Menschen verachtende… ach was, das normale Wahlkampfgetröte eben.
Vernünftig wäre ja gewesen, wenn der Finanzminister diese Zahlen auf den Tisch packt und der Sozialminister mit vernünftigen Argumenten verteidigt, warum er trotzdem die teurere Variante fordert. Der wahlkämpfende Weg ist der, dass die Roten sofort lostoben und ihren angeblichen Koaltions“partner“ niederschreien, wie es einfach rote Sitte ist. Dass sie auf der richtigen Schiene sind zeigt die abziehbildliche Empörungsgleichheit von SPÖ und FPÖ, denn immerhin wollen die Roten momentan den Blauen beweisen, was für tolle politische Bettnachbarn sie doch sind.
Und das klingt dann auch wie Kuscheln:

Peter Kaiser, der rote Landeshauptmann von Kärnten, tobt geradezu strachesk über die „Kurz‘sche Sozial-Abrissbirne“ und den ÖVP-Feldzug gegen sozial Schutzbedürftige". Die „Kurz-ÖVP“ schmiede „krude Pläne“. Und gipfelt in: Nach und nach zeigt die neue ÖVP mit Sebastian Kurz als taktierendem Pokerspieler an der Spitze ihr wahres Gesicht."
Der blaue Generalsekretär Herbert Kickl derweil diagnostiziert keck, „mit den Hartz IV-Visionen aus dem Finanzministerium hat sich die ÖVP vom Volk verabschiedet" und unterstellte Kurz' Team „weltfremde Elitenpolitik".

Aber der wirkliche Brüller kommt erst noch. Denn über den wahlkämpferischen Schulterschluss zwischen den beiden sozialistischen Parteien Österreichs gegen die bisher dritte sozialistische Partei, die vom Wahren Glauben abzufallen droht, haben sie eins ausgeblendet: Diese Studie ist bereits zwei Jahre alt. Und hat mit der Kurz-ÖVP genau gar nichts zu tun. Angeblich kannte Kurz selbst diese Studie gar nicht, weil es ihn bisher auch nichts anging. Es war ja eine Studie des Finanzministeriums. Die Schelling offensichtlich gleich mal nach seiner Amtsübernahme in Auftrag gab. Als Kurz noch ein kleines Licht in der ÖVP war und nicht wirklich was zu melden hatte, aber durch erste einfallende „Flüchtlinge“ ganz klar war, dass unwahrscheinlich hohe Sozialkosten auf den Wellkammistenstaat hereinbrechen werden, deren Hervorzaubern aus dem bodenlos leeren Hut dann die Aufgabe des Finanzministers sein wird.

Wer allerdings ganz sicher etwas über die Studie weiß, und das bereits seit zwei Jahren, ist die SPÖ, denn dass solche Dinge geschehen ohne dass die immerhin in der gleichen Regierung sitzenden Roten auch nur etwas davon ahnen glaubt nicht mal jemand, der sogar das Spaghettimonster für real möglich hält.

Die kramen also ausgerechnet jetzt eine absolut folgenlose Studie, im Prinzip nur skandalös teuer verschwendetes Papier, aus der Mottenkiste, blasen den zentimeterdicken Staub vom Deckel und jubeln das dem Kurz unter, der erst seit ein paar Wochen ÖVP-Chef ist. Lächerlich ist jetzt wirklich eine äußerst zurückhaltende Bezeichnung dafür.
Dass Kurz schon vor zwei Jahren dem Schelling Anweisungen gegeben haben soll, einen fiesen Plan zu zimmern, überschätzt seine bisherigen Einflussmöglichkeiten ganz offensichtlich bei weitem. Und ob er, so weit wie er sich jetzt aus dem Fenster lehnt, nicht recht bald einen zur ÖVP-Folklore gehörenden kräftigen Tritt aus dem Hintergrund bekommen wird, bleibt noch abzuwarten. Die Schwarzen gelten nicht umsonst als Obmannmörderpartei.

Köstinger warf umgekehrt der SPÖ vor, "irgendeine Studie aus dem Finanzministerium" über die Medien veröffentlicht zu haben, die der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht nur nicht kenne, "sondern nicht einmal wusste, dass es sie gibt". Dann behaupte die SPÖ, ohne Kurz' Programm zu kennen, dass die in der Studie enthaltenen Vorschläge Positionen seines Programms sein würden und empöre sich dann "über die gerade selbst erfundene Behauptung", meinte Köstinger.“

Man muss kein Freund der Schwarzen sein, um ihnen in diesem Punkt zuzustimmen.

"Wir werden uns an solchen Spielen und diesem Stil nicht beteiligen."

Na gut, das bleibt abzuwarten. Ein von Sachlichkeit und Höflichkeit getragener Wahlkampf erscheint mir als ein Wunsch nach lauwarmen Eislutschern. Und ob die Schwarzen das jetzt durchhalten, darf angezweifelt werden.
Dass im Moment aber die Roten und die Blauen versuchen, sich gegenseitig im Kreischen leerer Empörungsparolen zu übertönen, könnte den Schwarzen zum Vorteil gereichen, wenn sie sich demonstrativ da raus halten.
Das würde aber voraussetzen, dass die wirklich ihrem Chef folgen und auf ihn hören. Das kann man sich bei dieser Partei nur schwer vorstellen.

Ach ja, eines noch zum Hintergrund: Warum kramen die Roten ausgerechnet jetzt ein zwei Jahre altes Pamphlet aus der Kiste um es medienwirksam zu bekreischen? Könnte es sein, dass man da einen anderen Wirbel übertönen möchte?
Vielleicht die spätpubertären Anrotzungen des roten Wiener Puffbeauftragten Götz Schrage (die Umwelt formt allem Anschein nach den Menschen) gegen die neue Generlasekretärin der ÖVP, Elisabeth Köstinger? Diese sexistische Peinlichkeit aus den Reihen genau jener Linken, die sich als Herren über den Kampf gegen „Hass und Hetze im Netz“ fühlen?
Angriff als beste Verteidigung; zumindest bleiben die Roten ihren unappetitlichen Traditionen treu.

Nachtrag:

Das Anflirten der Roten an die Blauen geht weiter und wird immer heftiger.
Man schickt den Kärntner vor, das hat Symbolwirkung.
Der Duft vom Futternapf ist zu verlockend und der historische Schock vom Ausschluss vom Buffet hallt bis heute nach.
Wenn die Blauen darauf einsteigen, wird das ihren Absturz einleiten.

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